Ich bin Tatjana. Irgendwas mit 30. Frau. Ehefrau. Mama eines perfekten Jungen. Verwaiste Mama zweier perfekter Himmelsmädchen. Kreativer Wirbelwind. Mal laut, mal leise. Schreiberling. Nicht-Aufgeberin. Südtirol-Loverin. Camperin. Kaffeejunkie. Riesling-Liebhaberin. Ein bisschen Yogi. Ein bisschen Rock. Ein bisschen Reggea. Und ganz viel Tanz durchs Leben, getragen vom Rhythmus. Surferin der Trauerwelle. Trauerrednerin. Autorin. Und noch sooo vieles mehr :-)
Bis Herbst 2019 führten wir ein absolut glückliches, normales Leben. Ich war selbstständig als Hochzeitsplanerin. Wir hatten gerade unser Eigenheim bezogen. Unser Sohnemann hat sich gut in der Kita eingelebt. Ich war schwanger mit unserem zweiten Wunschkind, unserem Mädchen. Doch in der 29. SSW, beim letzten großen Screening war plötzlich alles anders. Unser Mädchen war krank. Sehr krank. Lebensverkürzt erkrankt.
„60% überleben das erste Lebensjahr nicht“ war das schlimmste, was ich bis dahin gehört hatte. So eine Diagnose trifft einen wie ein ICE bei voller Fahrt. Ein Schlag mitten ins Gesicht. Ohne Vorwarnung. Dieser furchtbare Schicksalsschlag hat unser Leben komplett durcheinandergeworfen. Unser Leben wurde einmal durch den Turbomixer gejagt. Nichts war mehr, wie zuvor. Unsere Welt zerbrach in unzählige Einzelteile.
Wir haben unsere Tochter, unsere Zaubermaus Leonie, 1 Jahr 7 Monate und 12 Tage palliativ auf ihrem Weg begleitet. Es war ein langer, beschwerlicher, schmerzhafter, anstrengender - aber auch schöner Weg. Geprägt von Krankenhausaufenthalten, Intensivpflege, ständig neuen Diagnosen, einem Ist-Zustand welcher wöchentlich schlechter wurde. Doch auch einer unendlichen, unbändigen, bedingungslosen Liebe, die uns all die Zeit getragen hat und heute noch trägt. Als Leonie´s Schmerz und ihr Leid zu groß wurden, mussten wir sie schweren Herzens über die Regenbogenbrücke gehen lassen. Und so machten wir Bekanntschaft mit der Trauer.
Etwas mehr als 1 Jahr später mussten wir leider auch unser Regenbogenbaby in der 16. SSW in einer stillen Geburt gehen lassen. Das Schicksal hat uns doppelt gebeutelt.
Um all das zu verarbeiten, fing ich schon zu Leonie´s Lebzeiten an zu schreiben. Nie hätte ich gedacht, die heilsame Kraft des Schreibens einmal zu brauchen. Es hielt mich über Wasser.
„Verwandle deine Wunden in Weisheit.“ - Oprah Winfrey
All die Erfahrungen, Erlebnisse, die Wut, den Schmerz und die Trauer versuche ich nun in etwas positives zu transformieren. Diese „traurige Expertise“ hilft mir nun dabei, anderen zu helfen.
Das Thema Tod ist in unserer Gesellschaft sehr negativ behaftet. Kaum einer kann damit umgehen. Es ist leider ein Tabuthema. Und das Thema „Kindersterben“ ist ein „Tabu im Tabu“. Ich möchte Trauernde in dieser schweren, einschneidenden und verändernden Zeit ihres Lebens unterstützen. Ihnen zur Seite stehen. Einfach da sein. Mit ihnen zusammen aushalten.
Daher habe ich eine „Ausbildung“ zur Trauerrednerin gemacht. Ich kann den Angehörigen die Trauer nicht abnehmen, aber ihnen mit meinen Worten ein Stück weit dort eine Stütze sein, wo es oft kaum etwas zu sagen gibt.
Und damit Hinterbliebene auch nach der Trauerfeier nicht allein bleiben, befinde ich mich aktuell mitten im Fernstudium zur Trauerbegleiterin. Eine Schulter zum Anlehnen geben, wo andere oft zusammenbrechen. Ein offenes Ohr bieten für Themen, die die meisten kaum ertragen zu hören.
Wir haben das schlimmste erlebt, was Eltern passieren kann. Wir haben unsere Tochter zu Grabe getragen. Und doch schaffen wir es nach und nach, Schritt für Schritt, TROTZDEM GLÜCKLICH zu sein. Man braucht keine Angst vor dem Tod und der Trauer zu haben. Man kann auch MIT der Trauer wieder glücklich werden. Wie das geht, möchte ich Trauernden zeigen und sie auf ihrem Weg begleiten.
Auch Außenstehenden möchte ich eine Hilfestellung dafür geben, wie sie jemanden in solch einer schweren und sensiblen Situation unter die Arme greifen können.
Mein Löwen-Mädchen Leonie hat mir eine große Aufgabe hinterlassen. Ihr Überlebenswillen gibt mir nun die Kraft für ihr "Vermächtnis" laut zu werden.